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Der Mann, der vom Himmel träumte und als Fisch erwachte

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Überraschend war es damals zu seinem ersten Zusammenstoß mit diesem Tier gekommen und beide waren sie bei ihrem unbeabsichtigten Aufprall zu Tode erschrocken zusammengezuckt.
Der riesige Fisch drehte sich ruckartig mit einem gewaltig Schlag seiner Schwanzflosse wirbelnd um seine eigene Achse und verschwand blitzschnell im Dunkel der Entfernung – eine Spirale schwarzen, trudelnden Wassers hinter seinem glitzernden Körper herziehend.
Und der Avatar ?
Der ließ, durch den heftigen Aufprall aus dem Gleichgewicht gebracht, den Stein fallen, verschluckte vor Schreck einen Mund voll Salzwasser, um dann prustend und zappelnd wieder an die Oberfläche des Wassers zu kommen und während er mit zittrigen Schwimmzügen das entfernte Ufer zu erreichen versuchte, dachte er an den bemerkenswerten Artikel den er gestern gelesen hatte: ein wissenschaftlicher Bericht über die Konstruktion und Anwendung von speziellen kleinen Booten. Die dort spezifizierten Tauchboote waren fähig, bis 1000 m Tiefe abzusteigen und dort wie ein Flugzeug oder besser fischgleich zu manövrieren.

So stellte er sich selbst »unterwasser«, sicher geborgen in der Haut eines solch prächtigen kleinen Bootes vor, das ihn sicher durch eine im Licht der Scheinwerfer farbenprächtig aufglitzerne, fremde Tiefseelandschaft zog. Durch die beschleunigte Rotation der Schraube wurde das Wasser in eine trichterförmige Drehbewegung versetzt, die ihn einhüllte, ihn schwerelos trudelnd mit sich zog und die Umgebung um ihn herum unnatürlich verzerrte.
Fischgleich sehen und fühlen, dachte er fasziniert.
Die Geschwindigkeit der Fortbewegung und der ungewohnte Effekt der optischen Verzerrung überwältigten ihn. Nur bruchstückhaft und flüchtig konnte er die reale Umgebung erkennen. Sein gesamter Wahrnehmungsbereich stellte sich zusehends zersplittert, verzerrt, fremd und auch bedrohlich kompakt, als »Plastische Einheit« unter dieser Luftglocke des schweren Drucks dar und obwohl in seinem Bewusstsein das Wissen über die »Unendlichkeit« des Wasserraums verankert war, fühlte er sich durch die Bilder seiner Vorstellungswelt körperlich bedrängt und hilflos im fünften Element gefangen.
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2007 © Die Stellvertreter – unbekannte Gäste